Der Beckenboden: Kompass in der Yogapraxis

der Beckenboden: Kompass in der Yogapraxis

Der Beckenboden nimmt im Yoga sowohl anatomisch-funktional, auf Prāṇa-, sowie auf spirituell-esoterischer Ebene eine wichtige Rolle ein.

anatomisch-funktional

Das Becken ist eine stark bandgeschützte, nicht starre, knöcherne Schale. Seine Stellung bestimmt, wie das Gewicht des Stammes und der Bauchorgane auf den Beckenboden und die Hüften verteilt wird. Der Bewegungsimpuls für die Rumpfaufrichtung entsteht aus dem Beckenboden, durch die auch die Organe in der richtigen Lage bleiben.

Ein aufgerichtetes Becken, Elastizität und Kraft im Beckenboden sorgen für das nötige Spannungsgleichgewicht, eine optimale Druckverteilung und damit für Kontinenz.

Der Beckenboden besteht aus drei Schichten: der untersten, äußeren Beckenbodenschicht, dem sogenannten «Achtermuskel». Sie besteht aus Längsfasern, die vom Schambein zum Steißbein gehen. Sie hat bei Frauen drei, bei Männer zwei Öffnungen.

Die innerste Schicht gleicht einem Fächer und unterstützt zusammen mit der untersten die Kontrolle der Ausscheidung,

Die sogenannte Blasenschwäche ist in Wirklichkeit eine Schwäche des Beckenbodens. Etwa nach einer Schwangerschaft, wenn der Beckenboden über lange Zeit mehr Druck ausgesetzt war. Mit Yoga lässt sich der Tonus im Beckenboden so fein aufbauen, dass wir wieder ein ausgewogenes Spannungsverhätnis im Beckenboden erreichen.

Die mittlere Schicht, das sogenannte Diaphragma urogenitale, besteht aus diagonalen quer verlaufende Muskelfasern. Seine Funktion liegt in der Stabilisierung der Iliosakralgelenke. Indem man die Sitzbeine zusammen bzw. auseinander bewegt, kann man die mittlere Muskelschicht ansteuern.

Mit der Zeit lernen wir, wie wir die Muskeln des Beckenbodens in Stehhaltungen genauso wie bei Rück- und Vorbeugen etc. bewusst und richtig dosiert einsetzen. Das Becken und den unteren Rücken gelenkschonend und stabilisierend ausrichten und insgesamt den Körper integriert und gesund zu bewegen, ist ein Ziel der Yogapraxis.

Ein aktiver Beckenboden verleiht überbeweglichen YogInis deutlich mehr Stabilität und denjenigen, die wenig Spielraum im Becken und Hüftbereich finden mehr Bewegungsfreiheit.

Mūlādhāra Cakra & Mūlā Bandha

Dem Beckenboden ist das unterste Cakra, das Mūlādhāra Cakra oder Wurzelcakra zugeordnet, und ihm wiederum das Element Erde. Erst aus der Basis entsteht ein Gefühl der Freiheit. Die latente Kuṇḍalinīkraft (Lebenskraft), symbolisch dargestellt durch eine eingerollte Schlange, schlummert am untersten Cakra bis sie durch Yogatechniken aus ihrem Dornröschenschlaf aufgeweckt wird und vom untersten zum höchsten Cakra, dem Sahasrāra Cakra aufsteigt.

Mit Mūlā Bandha, dem ‚Wurzelverschluß‘ (nach vollständigem Uḍḍīyāna Bandha, dem Zurückziehen der Bauchdecke vom Schambein bis zu Zwerchfell, zusätzlich bewusstes Anheben und nach innen Ziehen des Beckenbodens) werden die Bauchorgane tonisiert und Prāṇa (Energie) im Körper optimal verteilt. Das Verdauungsfeuer (Agni) und das nach außen bringen von Abfallprodukten (Māla) wird angeregt. Im Neusprech nennen wir diesen Prozess Detox.

Die Erfahrung läßt uns die spirituelle Dimension körperlicher Yogaübung greifbar werden. Diese Übung erfordert intensiven inneren Fokus, sie macht hellwach und lässt uns dabei komplett leer werden.

Andere sehr einfache Übungen, die unser Bewußtsein für den Beckenboden schulen, geben auch AnfängerInnen ein Gefühl für die subtilen Ausrichtungsprinzipien der Asanapraxis.

Wahrnehmen

Wer sich auf das feine Zusammenspiel von Atem und Körper einlassen und dabei ein Gefühl für das Becken, den Beckenboden und Beckenaufrichtungentwickeln will, kann es mit der Beckenschaukel probieren: I

In der Rückenlage mit aufgestellten Beinen ausatmend den unteren Rücken zum Boden bringen, beim Einatmen (oder für Geübte vor der Einatmung) die Bauchdecke langsam wieder weich werden lassen, und dabei beobachten wie das Becken zurück in die Lordose kippt. Danach ruhen und die innerste Beckenbodenschicht beim Atmen fein mitschwingen spüren.

Bei Umkehrhaltungen wird der Beckenboden vollkommen entlastet. Ein schwacher Beckenboden kann manchmal erst in Umkehrhaltungen spürbar angespannt und wahrgenommen werden.

Auch über Supta Baddha Koṇāsana, mit gestützten Oberschenkeln kann der Beckenboden vollkommen entspannt werden, für eine sanfte Kräftigung hingegen ohne Blöcke die Lendenwirbelsäule während der Ein- und Ausatmung am Boden halten.

Viel Spaß beim Üben, Kennenlernen & Spüren

Deine Nathalie

About nathalie andrée

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